Mittwoch, 13. Juli 2011

Tag 10 - Canet Plage

Nach einer gottseidank kühlen Nacht im nicht klimatisierten Zimmer machten wir uns mal wieder daran, unsere Sachen zu packen. Da wir aber bald die Pyrenäen erreichen würden, entschieden wir uns, noch einmal ein Paket nach Hause zu schicken. Da rein kam alles, was wir sicher – oder wahrscheinlich – nicht mehr brauchen. Wir wollten uns jedes mögliche Gramm Gewicht ersparen. Velohosen, meine Trainerhose, die Badeshorts meines Bruders.

Bei Narbonne
Bitte nicht!?
Nach einem Besuch bei der nahegelegenen Post ging’s los. Das Gewitter der letzten Nacht hat sich zwar verflogen, doch die Winde waren nach wie vor stark. Als wir uns den Weg durch das Strassenwirrwarr von Narbonne bahnten, hoffte ich immer wieder, wenn uns der Wind entgegenwehte: „Lass das bloss nicht unsere Richtung sein?!?“ Als wir den Stadtrand erreicht hatten, hatte ich aber dann traurige Gewissheit. Sofern die Windrichtung nicht drehen sollte, hatten wir einen anstrengenden Tag vor uns.

Faites vos jeux!
Bei Sigean
Wir verliessen also Narbonne und kämpften uns der einzigen Strasse, der Hauptstrasse, entlang in Richtung Sigean. Leider gibt es in Sigean einen Wildpark oder etwas dergleichen. Schön für die Löwen und Zebras dort, schlecht für uns. Alle paar Kilometer kam wieder ein Werbeschild. Alle paar Kilometer stand „nur noch x Kilometer“. Doch das x wurde nicht so schnell kleiner wie es hätte kleiner werden sollen. Gefühlte zehn Kilometer und eine tatsächliche Ewigkeit später hatten wir erst zwei oder drei Kilometer geschafft. Die Strassen waren gerade und eben. Die Winde wechselten teilweise spontan die Richtung. Anfangs wähnte man sich im falschen Film. Doch mit der Zeit konnte man sich auch einen Spass oder eine Art Spiel daraus machen. Immer wieder hielten wir an, ruhten uns aus, amüsierten uns ob der Natur oder den vorbeibrausenden Autos und Lastwagen. Das Ziel war klar: Am Ende des Spiels musste es heissen Natur „null“, wir beide „eins“.

Wir machten uns auch einen Spass daraus, die LKW-Chauffeure zu grüssen. Unsere Theorie: Fernfahrer aus Spanien, Portugal und so weiter winken häufiger! Daneben bereitete uns die Natur immer wieder neue Freuden: Endlose Steinfelder, karge Landschaften, kleine Oasen mit Bäumen, Sträuchern und Wiesen, riesige Windparks. Und natürlich freuten wir uns über jede Kurve, die unsere Fahrtrichtung etwas vom Wind wegdrehte. Teilweise kamen wir so aufgrund des Rückenwindes zu geschenkten Kilometern. Aber diese Freuden währten leider nur kurz.

Presque rien ne va plus!
Vor Leucate
Erst als wir die Hauptstrasse Richtung Leucate verliessen, drehten wir mit dem Wind. Und wir verliessen die vielen Autos und Lastwagen. Nach einigem Auf und Ab und einer angenehmen Abfahrt an die Küste erwartete uns aber wieder das gleiche Spiel. Nun aber auf dem Level für Fortgeschrittene. Links lag direkt das Meer, rechts gab es eine Lagune. Der Wind wechselte von rechts nach links, von vorne nach… nein, von hinten kam er nie. Von links gab es eine salzige Meeresbrise, von rechts war es aber noch unangenehmer: Windstösse, die zum einen nach abgestandenem Fischwasser stanken und die dich zum anderen teilweise fast vom Rad warfen. Doch zur Halbzeit hiess es: Natur 0, wir ½.

Bei Leucate
Immer nur Camping!
Das Wetter war sonst eigentlich super. Sonne, blauer Himmel, schön warm und das ganze direkt am Meer. Wir konnten es kaum erwarten, bis wir unser Tagesziel erreichen: Saint-Marie Plage. Wir hatten heute extra eine kurze Etappe geplant, damit wir noch ein paar Stunden am Strand haben sollten. So hatten wir nach Le Barcarès nur noch etwa sechs Kilometer vor uns und erreichten bald Saint-Marie Plage. Wir steuerten ziemlich direkt die Touristeninformation an. Hier wurde uns leider mitgeteilt, dass es auch in Saint-Marie nur Camping gibt. Hotels Fehlanzeige. Wir hatten nun die Wahl, unser Glück in Saint-Marie selber etwas entfernt vom Strand zu versuchen oder bis Canet-Plage weiterzuziehen. Wir entschieden uns für letzteres.

Hotelsuche
Vor Leucate
Wenige Kilometer und einige wagemutige Wegentscheidungen an Kreuzungen später erreichten wir den Hauptplatz von Canet-Plage. Hier fanden wir direkt die Touristeninfo. Die nette Dame zeigte mir einige mögliche Hotels, zu welchen wir uns auch gleich aufmachten. Das Erste, von welchem die Dame behauptete, es sei das Beste am Platz, war aber leider ausgebucht. Das zweite glich eher einer verlotterten Herberge und wir waren uns einig, uns das nicht antun zu wollen. Beim Dritten stimmte fast alles, es lag gar direkt am Strand. Aber es war zu teuer. Selbst nach Verhandeln und dem Entgegenkommen des Hoteliers war es ausserhalb unserer Vorstellungen. So zogen wir weiter. Uns fiel dann das Schild eines Logis-Hotels wieder ein, an welchem wir eingangs des Dorfs vorbeigefahren waren. Wir dachten, wir fänden schon was. Doch nun waren wir froh, diesem Schild folgen zu können. Es führte uns zu einem Hotel wenige Strassen entfernt vom Strand. Der Preis war zwar fast gleich hoch wie jener, der zuvor zu hoch war. Doch dieses Hotel machte einen weitaus besseren Eindruck. Check-in!

In Canet
Die Franzosen feiern
Nach der obligaten Dusche gingen wir in die Einkaufsstrassen und zum Strand. Die Sonne schien zwar, doch auch hier setzte der Wind den Leuten zu. Immer wieder hatten wir Tücher und Kleider von Leuten, die eigentlich vor uns lagen, bei uns. Nichtsdestotrotz war es herrlich nach all den Stunden im Sattel endlich im Strand sitzen zu können, auf’s Meer zu blicken, zu träumen, zu geniessen. Mittlerweile schrieben wir den 13. Juli. Es war also der Vortag des französischen Nationalfeiertags. Und das merkte man. Die Restaurants wurden rausgeputzt, die Gassen waren voll, der Hauptplatz diente als grosse Bühne. Und am Strand wurde eine grosse Feuerwerksshow vorbereitet. Das grosse Fest sollte schon heute Abend steigen.
Wir wollten die Atmosphäre geniessen und entschieden uns für eines der vielen Restaurants an der Promenade. Noch heute läuft mir das Wasser im Mund zusammen, wenn ich an den Pasta-Salat denke, den es beim Fest-Menü gab.

Nach einem Gelato und einem kleinen Snack aus dem Supermarkt ging’s zeitig zurück ins Hotelzimmer. Das Knallen des Feuerwerks hörten wir nur noch dumpf durch die Fenster, während wir einschliefen.

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